Die dreijährige Sekundarstufe I folgt auf die Primarstufe. Einzig im Kanton Tessin dauert die Sekundarstufe I (Scuola media) vier Jahre. Dies entspricht einer Ausnahmeregelung im HarmoS-Konkordat.
Der Unterricht auf der Sekundarstufe I erfolgt leistungsdifferenziert nach unterschiedlichen Modellen (geteiltes, kooperatives oder integriertes Modell). Je nach Kanton wird flächendeckend ein Modell geführt oder der Kanton überlässt den Gemeinden die Wahl zwischen verschiedenen Modellen.
Die Schülerinnen und Schüler treten in der Regel im zwölften Altersjahr in die Sekundarstufe I ein. Die Leistungen am Ende der Primarstufe, die Empfehlung der Lehrperson – häufig unter Einbezug der Eltern – sowie teilweise eine Übertrittsprüfung entscheiden über die Zuteilung zu einem bestimmten Leistungsniveau auf der Sekundarstufe I. Die Übertrittsverfahren sind je nach Kanton und Modell unterschiedlich.
Die Sekundarstufe I fördert die Entwicklung und die Persönlichkeitsbildung der Jugendlichen und ermuntert sie zu lebenslangem Lernen. Sie fördert Eigenverantwortung und Eigeninitiative und leitet dazu an, Probleme zu erkennen und zu lösen, mit Konflikten umzugehen und individuell oder gemeinschaftlich zu arbeiten. Zudem bereitet sie auf die Sekundarstufe II vor.
Die Kantone sind für die Lehrpläne zuständig. Sie legen die Anzahl Lektionen in ihren Stundentafeln fest und bestimmen die Lehrmittel. Gemäss der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) werden in der obligatorischen Schule sprachregionale Lehrpläne eingesetzt: Der Lehrplan 21 in der Deutschschweiz, der Plan d'études romand in der Westschweiz (PER) und der Piano di studio im Kanton Tessin.
Folgende Fachbereiche und Fächer werden auf der Sekundarstufe I unterrichtet:
Sprachen: Schulsprache, Fremdsprachen (eine zweite Landessprache und Englisch, sowie fakultativ eine dritte Landessprache)
Mathematik
Naturwissenschaften: Biologie, Chemie, Physik
Sozial- und Geisteswissenschaften: u.a. Geografie, Geschichte, politische Bildung
Musik, Kunst und Gestaltung: Musik, bildnerisches Gestalten, textiles und technisches Gestalten
Bewegung und Gesundheit: Bewegung und Sport
Hauswirtschaft
Berufswahl- und Berufsvorbereitungsunterricht.
Hinzu kommen Bereiche, die als spezifisches Fach oder fächerübergreifend unterrichtet werden (bspw. Verwendung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Gesundheitsförderung, Sexualerziehung, Interkulturelle Erziehung, Medienerziehung, Ethik und Religionen).
Die Schülerinnen und Schüler erhalten in den meisten Kantonen zweimal im Jahr Zeugnisse mit Noten. Die Notenskala reicht von 1 bis 6 (6 = beste Note; 4 = genügend; unter 4 = ungenügend). Zusätzlich zum Zeugnis findet in der Regel ein Beurteilungsgespräch mit den Schülerinnen und Schülern und den Eltern statt. Lern-, Sozial- und Arbeitsverhalten können ebenfalls Teil der Beurteilung sein. Schriftliche Lernberichte werden selten angewendet. Für die Versetzung in die nächste Klasse sind ein genügender Gesamtnotendurchschnitt und in der Regel genügende Noten in den Kernfächern erforderlich. Ist ein Zeugnis ungenügend, erfolgt in der Regel eine provisorische Versetzung. Ist das nächste Zeugnis wieder ungenügend, erfolgt keine Versetzung in die nächst höhere Klasse. Der Schüler/die Schülerin kann die zuletzt besuchte Jahrgangsstufe wiederholen oder in der nächsten Klasse in einem tieferen Niveau weiterfahren. Es können spezielle Fördermassnahmen angeordnet werden.
In verschiedenen Kantonen werden in bestimmten Schuljahren und Fächern obligatorische oder fakultative Jahresschlussprüfungen, Orientierungs- und Vergleichsarbeiten oder klassenbezogene Leistungsstandmessungen durchgeführt. Diese können als Standortbestimmung oder Leistungsbeurteilung für die Schülerin und den Schüler genutzt werden und erlauben es den Lehrpersonen, den Erfolg der Klasse im Vergleich zum Lernerfolg anderer Klassen einzuschätzen.
Es gibt keine gesamtschweizerische Schulabschlussprüfung der obligatorischen Schule und somit auch kein entsprechendes Abschlusszeugnis. Wenige Kantone führen am Ende der Sekundarstufe I in den Hauptfächern eine Abschlussprüfung entweder in einzelnen oder in allen Anspruchsniveaus durch. Im Bestreben, den Übergang von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II zu optimieren, wurde in einigen Kantonen ein Abschlusszertifikat für die obligatorische Schule eingeführt.
In einigen Kantonen können Erwachsene, welche die Sekundarstufe I nicht abgeschlossen haben, einen kantonalen Sekundarstufe-I-Abschluss nachholen.
Der Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II wird von verschiedenen Jugendlichen als schwierig empfunden. Um Jugendliche auf den Übertritt in die Sekundarstufe II bestmöglich vorzubereiten, führen verschiedene Kantone eine Neugestaltung der Abschlussjahre der Sekundarstufe I durch und haben gemeinsam mit anderen Partnern Projekte lanciert oder Massnahmen ergriffen, um den Übergang von der obligatorischen Schule in die Sekundarstufe II zu optimieren (u.a. Case Management Berufsbildung). Für Jugendliche, die nach Abschluss der Sekundarstufe I nicht direkt in eine berufliche Grundbildung oder in eine weiterführende Schule der Sekundarstufe II eintreten, stehen Brückenangebote als Übergangslösungen zur Verfügung.